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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Schleswig
Beschluss verkündet am 25.11.2003
Aktenzeichen: 4 U 72/03
Rechtsgebiete: GKG


Vorschriften:

GKG § 14
Die Einschränkung des Rechtsmittelantrags ist bei der Streitwertberechnung im Rechtsmittelverfahren gem. § 14 Abs. 1 GKG nicht wertmindernd zu berücksichtigen, wenn sie offensichtlich nicht auf die Durchführung des Rechtsmittels gerichtet ist.
4 U 72/03

Beschluss

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 4. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht , die Richterin am Oberlandesgericht und den Richter am Oberlandesgericht am 25. November 2003 beschlossen:

Tenor:

1. Der Kläger ist der am 23. Mai 2003 eingelegten Berufung verlustig (§ 516 Abs. 3 ZPO).

2. Die Kosten der Berufung werden dem Kläger auferlegt (§ 516 Abs. 3 ZPO).

3. Der Gegenstandswert für den Berufungsrechtszug wird auf 29.790,43 € festgesetzt.

Gründe:

zu 3.:

Mit der Behauptung ärztlicher Behandlungsfehler hat der Kläger die Beklagten auf Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von mindestens 70.000 DM verklagt. Das Landgericht hat die Beklagten zur Zahlung von nur 6.000 € Schmerzensgeld verurteilt und im übrigen die Klage abgewiesen.

Hiergegen hatte der Kläger Berufung eingelegt und innerhalb der Berufungsbegründungsfrist den Antrag gestellt, das angefochtene Urteil zu ändern und die Beklagten zu verurteilen, (nur) einen weiteren Euro Schmerzensgeld zu zahlen. Eine Begründung der Berufung ist nicht erfolgt; stattdessen hat der Kläger mit dem eingeschränkten Berufungsantrag sogleich die Berufungsrücknahme erklärt.

Der nach Beendigung des Berufungsverfahrens vom Senat festzusetzende Gebührenstreitwert dieser Instanz beträgt trotz des eingeschränkten Berufungsantrags 29.790,43 Euro, richtet sich also nach der durch das angefochtene Urteil begründeten Beschwer des Berufungsklägers. Diese Beschwer entspricht der Summe, mit der der Kläger in erster Instanz erfolglos geblieben war, mithin 70.000 DM abzüglich zuerkannter 6.000 € = 29.790,43 €.

Der auf Verurteilung zur Zahlung von (nur) einem weiteren Euro gerichtete Antrag des Klägers führt nicht zu einer Ermäßigung des Berufungsstreitwerts. So ist ein eingeschränkter Rechtsmittelantrag des Berufungsklägers bei der Streitwertbemessung nach § 14 Abs. 1 GKG nicht zu berücksichtigen, wenn er - wie hier - ohne Zweifel offensichtlich nur der Herabsenkung der Kosten dienen soll, also nicht auf die Durchführung des Rechtsmittels gerichtet ist (BGHZ 70, 365; BGH VersR 1998, 192; OLG Düsseldorf JurBüro 2001, 642; OLG Saarbrücken MDR 2000, 1157; Schneider/Herget, Streitwertkommentar für den Zivilprozess, 11. Aufl. 1996, Rn. 3734 ff. ; a. A. OLG Celle VersR 1979, 919 und OLG Schleswig SchlHA 1988, 172 = JurBüro 1989, 683 mit zustimmender Anm. Mümmler). Eine Herabsetzung des Streitwerts würde entgegen dem Sinn und Zweck des § 14 Abs. 1 GKG, wonach sich der Rechtsmittelstreitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers richtet, dem Berufungsführer zu einer Verringerung der Kostenlast verhelfen, die über die für die Berufungsrücknahme vorgesehene Kostenermäßigung aus der Anlage 1 zum GKG hinausgeht (BGHZ a. a. O.). Anderenfalls wäre der Prozessbevollmächtigte des Berufungsklägers unter Umständen verpflichtet, diesen dahin zu beraten, den Streitwert durch eine entsprechende Antragsbeschränkung zu senken. Auch dies entspricht nicht dem Zweck des § 14 Abs. 1 GKG (BGHZ a. a. O.). Schließlich würde der Prozessbevollmächtigte auch keine gerechte Vergütung erhalten, wenn er für seine bis zur Berufungsrücknahme erbrachten Bemühungen seine Prozessgebühr lediglich aus der niedrigsten Stufe oder aus der die Berufungssumme erfassenden Gebührenstufe - z. B. im Falle eines lediglich auf 601,- Euro gerichteten Berufungsantrags - erhält (vgl. Schneider/Herget a.a.O. Rn. 3740).

Der Erwägung, aus prozessökonomischen Gründen dem Rechtsmittelführer wegen der kurzen Frist des § 517 ZPO die Berufungsrücknahme zu erleichtern, steht erkennbar entgegen, dass der unterlegenen Partei dann ein Mittel an die Hand gegeben würde, mit einem praktisch nicht ins Gewicht fallenden Kostenrisiko das Rechtsmittel einzulegen, um damit die Rechtskraft des angefochtenen Urteils hinauszuzögern (BGHZ a. a. O.). Der Gesichtspunkt, dass die Ein-Monats-Frist des § 517 ZPO für die Überlegung, ob das Rechtsmittel durchgeführt wird, kurz bemessen sein kann (so OLG Celle a. a. O.), entschärft sich zunehmend dadurch, dass infolge des Wegfalls der Singularzulassung die Berufung häufiger von dem selben Anwalt durchgeführt wird, der die Sache bereits in erster Instanz vertreten hat.

Es steht auch nicht zu befürchten, dass in spürbarem Umfang Rechtsmittelführer ihr eingelegtes und zulässiges, ihnen dann aber aussichtslos erscheinendes Rechtsmittel allein aus Kostengründen durchführen und damit die Gerichte, ohne dass ein sachliches Anliegen verfolgt wird, in Anspruch nehmen (vgl. aber OLG Celle a. a. O.; OLG Schleswig a. a. O.). Denn dem Rechtsmittelführer bleibt unbenommen, das Verfahren so einem kostengünstigeren - wenn auch etwa mit der Prozessgebühr des Gegners belasteten - Ende zuzuführen, dass die Einschränkung des Rechtsmittelantrags in schutzwürdiger Weise auf Durchführung des Rechtsmittels gerichtet erscheint. Ob dies regelmäßig schon dann anzunehmen ist, wenn allein und gerade nur die Zulässigkeitsgrenze eben überschritten wird (so offenbar Schneider/Herget, Rdnr., a. a. O., Rn. 3736), hält der Senat aus den o. g. Gründen für zweifelhaft, bedarf aber bei der hier vorliegenden Fallgestaltung keiner abschließenden Entscheidung.

Ende der Entscheidung

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